Im Rahmen der IT Tage im Dezember 2019 in Frankfurt/M. hatte ich mir vorgenommen, in meiner Session den ITler das Thema „Change Management bzw. Veränderungsmanagement“ näher zu bringen. Obwohl viele große Change Initiativen durch die IT getrieben werden, stelle ich immer wieder fest, dass viele Unternehmen es leider verpassen bei IT Veränderungen, wie z.B. neue Software, New Work, an den Faktor Mensch zu denken und diese in das Vorgehen einzubinden. In einen dreiteiligen Betrag kommentiere ich mein Vortrags-Sketch-Note der als Gesamtübersicht hier zu finden ist.


Übersicht und Gesamtgrafik

Teil 1 - Change Management Abgrenzung und Anwendungsgebiete

Teil 2 – Die Folgen ohne Change Management

Teil 3 - Wieviel und was bringt Change Management

Immer wieder werde ich gefragt, wieviel Change Management nötig ist und welchen Betrag genau man damit einsparen kann. Natürlich kann man keinen genauen Betrag ausweisen aber machen Sie sich bewusst, wieviel Schaden das Unternehmen nimmt, wenn große Projekte (z.B. SAP Einführungen) scheitern und Auftragseinbußen, Marktverlust u.ä. die Folge sind. Manch ein Unternehmen hat eine wichtige Wende gar nicht geschafft, hat viel Geld verloren und / oder musste komplett aufgeben…

Jeder Projekt ist anders, so ist auch jede Change Initiative anders - und auch jedes Unternehmen ist anders. Ein 08-15-Ansatz ist -nach meiner Meinung- deshalb nicht möglich. Wie jeder Mensch ist auch jedes Unternehmen sehr individuell und muss einen angepassten Change Management Ansatz verwenden. Grundsätzlich kann man sagen, dass der Umfang des Change Management Einsatzes von der Größe/Komplexität eines Change Vorhabens abhängt – je größer die Auswirkungen des Changes auf die Menschen im Unternehmen sind und somit ihr Arbeitsprozesse sowie -welt verändern, desto mehr Change Management muss zum Einsatz kommen.

Beim Change Management können auch die Methoden des Risiko Managements angewendet werden, um herauszufinden wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns ist und wie stark die Auswirkungen des Scheiterns sein könnten.

Wenn wir die technische Ebene im Projekt den Risiko Management unterziehen, kommen wir meist sehr schnell zu einer Risikobewertung. Zum Verständnis hier ein paar Beispiele zu technischen Projekten und deren Risikoeinschätzungen:

Der Einbau einer Fritzbox birgt nur eine geringe Wahrscheinlichkeit des Scheiterns, da es im Verhältnis ein kleines Projekt mit geringer Komplexität ist. Auch die Auswirkungen sind eher gering, da im Notfall meist noch auf das vorherige System zurückgegriffen werden kann. Das Risiko ist im grünen Bereich.

Im Gegensatz dazu ist der Umzug einer Serverfarm ein viel komplexeres Vorhaben, da es oftmals auch an fundierter Erfahrung fehlt. Das Scheitern kann große negative Auswirkungen mit sich bringen, denn im Fall eines Scheiterns können die Geschäftsprozesse nicht mehr ausgeführt werden und die Unternehmenstätigkeiten kommen im schlimmsten Fall komplett zum Erliegen. Das Risiko ist im roten Bereich. Eine ähnliche Risikoeinschätzung müssen wir auch auf der Ebene der Personen durchführen. Wie hoch ist das Risiko des Scheiterns, wenn die Akteure und Betroffenen im Projekt nicht „mitspielen“?

Wenn bei einem Projekt die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns hoch ist, muss etwas getan werden, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren. Unter anderem werden in solch einem Fall professionelle, fachliche Unterstützung an Bord geholt. Und so sollte bei großen Vorhaben mit hohem Risiko nicht nur technische / projektspezifische Fachkompetenz, sondern auch Change Kompetenz hinzugezogen und in das Projekt eingebunden werden (z.B. ein Change Manager) – und zwar von Anfang an, d.h. schon bei der Projektvorbereitung und -planung. Ob das zwingend externe Unterstützung / ein externer Spezialist sein muss, hängt davon ab, welche Change Kompetenzen bereits intern im Unternehmen vorhanden sind.

Das Risiko Management hilft uns auch bei der Klärung der Frage, wieviel das Change Management kosten darf. Entsprechende Kalkulationsformeln sind in unserem YouTube Video https://www.youtube.com/watch?v=8K5zCBLDzTY&t=5s zu finden.

Das Change Management fokussiert sich im Rahmen des Change Vorhabens auf den wertvollsten Faktor des Unternehmens: die Menschen! Kein Unternehmen könnte ohne seine Mitarbeiter Umsatz generieren. Es sind die Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass Produkte entstehen, produziert und verkauft werden. Sie kennen am besten ihre jeweiligen Arbeitsgebiete und die dazugehörigen Prozesse. Sie nicht wertzuschätzen und bei Veränderungsprozesse außen vor zu lassen, auf ihr Wissen und ihre Erfahrung zu verzichten wäre dumm bis fatal. Deshalb hat im Rahmen des Change Management die Kommunikation einen sehr wichtigen Stellenwert. Damit Mitarbeiter dem Unternehmen weiterhin ihr Vertrauen und ihre volle Energie schenken, müssen sie das Gefühl haben, dass das Unternehmen dieses auch verdient. Die Mitarbeiter sind die Experten auf ihrem jeweiligen Arbeitsgebiet und können z.B. bei einer neuen Software meist am besten einschätzen, ob sie zum Unternehmen und den Prozessen passt, ob sie den gewünschten Mehrwert bringen wird, wo Probleme auftreten könnten, auf was bei einer Anpassungen geachtet werden sollte, usw. Damit die Mitarbeiter dem Unternehmen vertrauen und sich in das Veränderungsvorhaben investieren, müssen Sie eine Basis schaffen:

Transparenz

Informieren Sie die Menschen frühzeitig über mögliche Veränderungen (z.B. eine neue Software), die die Zukunft des Unternehmens / Abteilung sichern soll. Nur mit Transparenz können Sie Gerüchte und Sabotage minimieren.

Sinn

Legen sie ausführlich und verständlich dar, weshalb diese Veränderungen kommen muss und welche Konsequenzen für das Unternehmen ansonsten folgen würden.

Vision

Visualisieren Sie die Zukunft des Unternehmens / der Abteilung.

Ehrlichkeit

Sagen Sie die Wahrheit, welche Folgen diese Veränderungen mit sich bringen werden. Die Mitarbeiter müssen sowohl die positiven als auch die negativen Folgen erfahren und verstehen damit sie für sich Klarheit bekommen und sie sich nichts (eventuell falsches) aus Gerüchten zusammenreimen. Jeder muss verstehen, was die Veränderungen für einen selbst bedeuten und was passieren wird.

Aktive Einbindung

Involvieren Sie die Mitarbeiter aktiv! Nehmen Sie ihre Ängste, Bedenken ernst und lassen Sie sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen – sie sind wertvoll und werden Sie vielleicht vor Fehlentscheidungen bewahren.

Kompetenzentwicklung

Schulen und Trainieren Sie ihre Mitarbeiter – damit vermeiden Sie Kompetenzängste.

  1. Das Change Vorhaben wird unterschätzt.
  2. Es werden nicht alle Stakeholder Gruppen identifiziert und deren Interessen beleuchtet.
  3. Sinn & Zweck, die Notwendigkeit und das Ziel des Change Vorhabens werden nicht nachvollziehbar vermittelt.
  4. Der anvisierten Veränderungen werden als „Unsinn“ angesehen, da sie (gefühlt) im Widerspruch zu anderen -bereits laufenden- Projekt stehen.
  5. Die Mitarbeiter / Zielgruppe werden nicht aktiv eingebunden, ihre Expertisen, Hinweise und Ideenpotential werden nicht genutzt.
  6. Bewusstsein für die verschiedenen Phasen und Hürden in einem Change Prozess ist nicht vorhanden.
  7. Es gibt nicht ausreichend Informationen (auf unterschiedlichen Kommunikationswegen) und kein Austausch zum Change Vorhaben (kontinuierliche und aktive Kommunikation).
  8. Es wird die falsche Sprache/Slang/Duktus verwendet.
  9. Der Change wird zur reinen Chefsache erklärt.
  10. Der Change ist geheim und wird nur als Gerücht weitergetragen.
  11. Die Führung ist kein Vorbild und führt nicht durch den Change.
  12. Die „Influencer“ im Unternehmen werden nicht als Kommunikatoren und Multiplikatoren eingesetzt.
  13. Kleinen Erfolge und geschafften Hürden werden nicht honoriert und gefeiert.

Wir werden tagtäglich mit Veränderungen konfrontiert und das wird sich auch nicht mehr ändern. Schon gar nicht in einer immer digitaler werdenden Welt. Sie kennen bestimmt den Spruch „Nichts ist so beständig wie der Wandel“ – die Frage ist, wie wir damit umgehen. Kleine Veränderungen bekommen wir meist leicht gemanagt. Große, komplexe Veränderungen brauchen mehr Aufmerksamkeit. Auch bei IT Projekten – oder gerade bei IT Projekten!!

Doch mit Hilfe des Risiko Managements und der richtigen Menge an Change Management (individuell angepasst an die Veränderungsinitiative und die Menschen, die diese durchleben werden) sowie den Mitarbeitern und Spezialisten kann das gemeinsame Nehmen der Hürden beginnen.

ABER:

Jeder muss für sich durch den Change gehen, d.h. jeder Betroffene muss sich mit dem Change auseinandersetzen und für sich die Frage klären, was sein Part nach dem Change sein wird.

UND:

Das Projekt, also die IT, hat die Verantwortung den Betroffenen alle Informationen zu liefern, damit sie eine fundierte Entscheidung treffen können.

Stehen wir zu unserer Verantwortung und machen es richtig.

In diesem Sinne, Danke fürs Lesen!

Michael Zwick

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Überarbeitet am 06/06/2026 10:38 durch zwickmic